Kapitalanlage - Mehrfamilienhaus
Kapitalanlage - Mehrfamilienhaus
Das Wichtigste in Kürze
Mehrfamilienhäuser, Chancen und Risiken
Der Kauf eines Mehrfamilienhauses als Kapitalanlage ist für den Erwerber mit Chancen und Risiken verbunden. Im Folgenden werden die verschiedenen Perspektiven diesbezüglich erklärt und auch, worauf es sich beim Erwerb eines Mehrfamilienhauses zu achten lohnt. Zudem wird nachfolgend erläutert, warum ein Investment in ein Mehrfamilienhaus nicht für jedermann geeignet bzw. realisierbar ist, die Hürde aber zugleich bei Weitem nicht so groß ist, wie viele denken.
Für den Ersterwerber: Sie haben Interesse daran, ein Mehrfamilienhaus zu erwerben, wie bereiten Sie sich optimal darauf vor?
Bei einem ersten Interesse an einem Investment in ein Mehrfamilienhaus gilt es zunächst, grundlegende Überlegungen anzustellen, um die Investitionsentscheidung entsprechend bewerten zu können. Wir empfehlen daher, zunächst grundsätzliche Beratungsgespräche
- mit einem Steuerberater,
- einem Finanzierungsberater und
- ggf. Kontakten, die bereits im Besitz eines Mehrfamilienhauses sind,
zu führen, um so von den Erfahrungen der jeweiligen Person zu profitieren.
Für den Ersterwerber: Welche weiteren Schritte sind ratsam?
Parallel zu den zuvor genannten Beratungsgesprächen raten wir erstmaligen Kaufinteressenten dazu, den kompletten Prozess einmal anhand eines Musterobjektes durchzuspielen. Nachfolgend haben wir die wesentlichen Schritte dafür aufgeführt.
(Muster-)Objekt definieren
Definieren Sie zunächst anhand der nachfolgenden Aufzählung Ihr Musterobjekt und beginnen Sie dann mit der entsprechenden Recherche.
- Kaufpreis des Wunschobjektes
Definieren Sie Ihr Budget, d. h., ab und bis zu welcher Größenordnung grundsätzlich gekauft werden soll. - Lage und Region des Wunschobjektes
Definieren Sie die Lage, d. h. die Stadtteile, Städte oder Regionen, in denen Sie nach einem Mehrfamilienhaus suchen wollen. Prüfen Sie die Region sodann bezogen auf die folgenden Kriterien:
- Wirtschaftskraft
- Arbeitgeber
- Infrastruktur (Kindergärten, Schulen, Krankenhäuser, Autobahnanschluss, Flughäfen, Bahnhöfe)
- Angebot und Angebotspreise
- Mieten und Mietspiegel
- Bodenpreise beim Gutachterausschuss
- Klimawandel: Potenzielles Überschwemmungsgebiet?
- Bevölkerungsentwicklung
- Fernwärmeanschluss möglich?
- Öffentliche Verkehrsmittel, Anwohnerparken
- Wirtschaftskraft
- Eigenschaften des Wunschobjektes
- Objektzustand: Was ist gewünscht?
- Baujahr: Welche Baujahre sind gewünscht und welche kritisch, welche Baujahre bringen in der Regel welche Probleme mit sich (Schimmel, Hausschwamm, Dämmung usw.)?
- Besonderheiten des Wunschobjektes
- Ausbaureserve
- kein Flachdach
- Durckwasserprüfung bereits erfolgt
(Muster-)Objekt suchen
Nachdem das Musterobjekt anhand der zuvor aufgeführten Eigenschaften definiert wurde, beginnt die Recherche. Die Erfahrung zeigt, dass eine ausschließliche Onlinerecherche für das erste Musterobjekt ausreichend ist, anschließend jedoch der Zugriff auf unterschiedliche „Offline-Immobilienquellen“ wie
- die Ansprache der regionalen Makler,
- das Streuen der aktiven Suche in unterschiedlichen persönlichen Netzwerken,
- Aushänge in Sportvereinen und am Arbeitsplatz,
- die Nutzung des schwarzes-Brettes im Supermarkt und
- die Schaltung von Inseraten in Zeitungen usw.
durchaus sinnvoll ist. Die folgenden Onlinequellen werden dabei in der Regel ebenfalls genutzt:
- ImmoScout24
- Immonet
- immowelt.de
- Kleinanzeigen
- ThinkImmo
(Muster-)Kalkulation aufstellen
Nachdem die Objekteigenschaften definiert wurden und auf dieser Basis die Recherche stattgefunden hat, kann anhand des Musterobjektes eine erste Kalkulation des Investments durchgeführt werden. Wir empfehlen, dafür folgende Berechnungen anzustellen:
- Kaufpreis
- Finanzierung (Eigenkapital, Zinsen, Rate, Restschuld)
- Laufende Kosten, Instandhaltungskosten, notwendige Rücklagen
- Steuern (laufende Besteuerung, Besteuerung beim Verkauf, Fristen)
- Miet- und Wertentwicklung
- Renditecheck (Lohnt sich das Investment im Vergleich zu anderen Anlagen?)
Chancen und Risiken bewerten
- Chancen: Mietentwicklung und Wert der Immobilie
- Risiken: Mietausfall und Leerstand, notwendige Modernisierungen, Mietpreisbremse, Klumpenrisiko auf eingesetztes Eigenkapital, Modernisierung und Instandhaltung
Szenarien kalkulieren
- Best-Case-Szenario: optimale Miet- und Wertentwicklung, geringe Modernisierungskosten
- Worst-Case-Szenario: schlechte Miet- und Wertentwicklung, steigende Anschlusszinsen, hohe Modernisierungskosten, negative politische Einflüsse
Unsere Erfahrung zeigt ganz klar, dass es für jeden Interessenten sinnvoll ist, sich intensiv mit den zuvor genannten Aspekten zu beschäftigen und anhand eines „Muster“-Mehrfamilienhauses den kompletten Fall einmal durchzuspielen.
Für die Profis geht es schneller
Auch für Profis ist es ratsam, sich intensiv mit den Chancen und Risiken des Erwerbs auseinanderzusetzen. Die Praxis zeigt jedoch, dass es für erfahrene Investoren deutlich leichter ist, die zugehörigen Chancen und Risiken realistisch zu bewerten.
Vorgehensweise, wenn das Objekt gefunden und für kaufenswert befunden wurde
So früh wie möglich Kontakt zum Finanzierungsberater aufbauen
Ob Profi oder Erwerber ohne Erfahrungen in diesem Bereich: Wir empfehlen unseren Kunden beim Erwerb eines Mehrfamilienhauses, jeweils so früh wie möglich den Kontakt zum Finanzierungsberater ihres Vertrauens zu suchen.
Warum? Weil die Bearbeitung eines Finanzierungsantrages für ein Mehrfamilienhaus komplexer ist und beim Kreditgeber in der Regel länger dauert als die Finanzierung eines Einfamilienhauses oder einer Eigentumswohnung. Dies ist dadurch begründet, dass bei einem Kreditantrag für ein Mehrfamilienhaus (mit mehr als zwei Einheiten) beim Kreditgeber zur Immobilienbewertung das Ertragswertverfahren angewendet wird.
Bei einem klassischen „normalen“ Finanzierungsantrag für ein Ein- oder Zweifamilienhaus, eine Doppelhaushälfte oder eine Eigentumswohnung wird hingegen das vereinfachte Sach- und Bodenwertverfahren genutzt. Das Ertragswertverfahren berücksichtigt dabei diverse Faktoren, unter anderem regionale Gegebenheiten, die bei dem vereinfachten Sach- und Bodenwertverfahren hingegen nicht berücksichtigt werden.
Benötigte Objektunterlagen
Wenn Sie ein Mehrfamilienhaus erwerben und finanzieren möchten, benötigen Sie zu dem Objekt die folgenden Unterlagen:
- Aktueller Grundbuchauszug, in der Regel nicht älter als 3 bis 6 Monate
- Aktuelle Flurkarte, in der Regel nicht älter als 3 bis 6 Monate
- Grundriss inkl. Maßangaben (Anschrift muss auf dem Grundriss vermerkt sein) zuzüglich Stempel und Unterschrift vom Architekten oder Bauingenieur
- Wohnflächenberechnung (nach DIN oder Wohnflächenverordnung)
- Schnittzeichnungen (falls vorhanden, nicht bei allen Banken erforderlich)
- Baubeschreibung
- Aktuelle Fotos (von innen und außen)
- Aktuelle Mietverträge
- Mieteraufstellung (inkl. der aktuellen Nettokaltmieten)
- Aufstellung dessen, was in den 15 Jahren zuvor modernisiert wurde
- Energieausweis
- Teilungserklärung (falls das Objekt geteilt ist)
- Aufteilungsplan (falls das Objekt geteilt ist)
- Erbaurechtsvertrag (falls es sich um ein Erbpachtgrundstück handelt)
Besondere Chancen bei einem Investment in ein Mehrfamilienhaus
- Bessere Rendite Mehrfamilienhäuser haben häufig eine bessere Rendite als einzelne vermietete Eigentumswohnungen/Häuser.
- Keine Rücksichtnahme auf Eigentümergemeinschaft notwendig Gehört das Mehrfamilienhaus nur einem Eigentümer, so kann dieser diesbezüglich frei entscheiden und muss sich bei Modernisierung, Instandhaltung und Rücklagenbildung mit keiner Eigentümergemeinschaft abstimmen. Chancen auf einen „größeren Hebel“.
- Investoren schauen zuerst danach, wie groß die Rendite auf das eingesetzte Eigenkapital ist. Da Mehrfamilienhäuser in der Regel teurer als einzelne Eigentumswohnungen sind, hebelt das eingesetzte Eigenkapital auf eine größere Summe. Zu berücksichtigen ist hierbei allerdings, dass in der Regel auch mehr eingesetztes Eigenkapital benötigt wird.
Besondere Risiken und Herausforderungen bei einem Investment in ein Mehrfamilienhaus
- Modernisierungen und Instandhaltung in Eigenverantwortung
Bei einer Eigentumswohnung werden Modernisierungen und die Instandhaltung in der Regel von der verantwortlichen Hausverwaltung durchgeführt. Bei einem Mehrfamilienhaus muss der Investor die Modernisierungen und die Instandhaltung hingegen eigenständig durchführen oder ebenfalls eine Hausverwaltung engagieren. Werden die Modernisierungen vom Eigentümer eigenständig durchgeführt oder beauftragt, so wird ein entsprechendes handwerkliches Know-how benötigt (oder ist zumindest ratsam), zudem besteht im Idealfall ein Netzwerk aus verfügbaren Handwerkerfirmen. - Klumpenrisiko
Ein Investment in ein Mehrfamilienhaus bedeutet, dass das Eigenkapital in einer Immobilie gebunden ist. Dies wird dann zum Problem, wenn sich in der zugehörigen Region beispielsweise Vermietungsrisiken ergeben, die Region an Attraktivität verliert usw. Tritt dieser Fall ein, gibt es keine Diversifizierung des Risikos und ein Investor kann einen Teil seines eingebrachten Eigenkapitals verlieren. - Rücklagenbildung in Eigenverantwortung
Bei einer Eigentumswohnung wird die Instandhaltungsrücklage üblicherweise monatlich fällig. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass ausreichend Rücklagen für Modernisierungen und Instandhaltung vorhanden sind. Bei einem Mehrfamilienhaus ist allein der Eigentümer/Investor für die Rücklagenbildung verantwortlich und dies wird in der Realität häufig vernachlässigt. Tritt dann der Worst Case ein und unerwartet müssen Instandhaltungsmaßnahmen durchgeführt werden, so muss für die Finanzierung ggf. auf externe Kapitalquellen zurückgegriffen werden. - Kompliziertere Finanzierung
In der Regel verlangen die Kreditgeber bei der Finanzierung eines Mehrfamilienhauses einen höheren prozentualen Anteil der Gesamtkosten am eingebrachten Eigenkapital. Ist das Ziel, möglichst wenig bis gar kein Eigenkapital einzubringen, so kann dies dazu führen, dass der vom Kreditgeber verlangte nominale Zins steigt oder der Finanzierungsantrag abgelehnt wird.
Mehrfamilienhaus für jedermann?
Der Erwerb eines Mehrfamilienhauses ist kein Investment für jedermann und zudem mit zusätzlicher Arbeit verbunden. Wer ein kreditfinanziertes Mehrfamilienhaus erwerben möchte, sollte über ein geregeltes Einkommen (angestellt/selbstständig) verfügen. Im Idealfall sind beim Kaufinteressierten zusätzlich die Erwerbsnebenkosten als liquide Mittel für den Erwerb vorhanden. In wenigen Ausnahmefällen können die Erwerbsnebenkosten komplett mitfinanziert werden. Sind Modernisierungen geplant, so müssen diese im Einzelfall bewertet und das Vorgehen der jeweiligen Bank muss daran angepasst werden. Kaufinteressierte, die über keine freie Liquidität verfügen, sind aktuell schwer zu finanzieren, da die Bank bei dieser Kundengruppe mit einem größeren Ausfallrisiko kalkuliert. Verfügen die Kaufinteressenten über ein weiteres Objekt, das ggf. belastet werden kann, könnte dieses als Zusatzsicherung genutzt werden. Eine feste Faustformel dafür, für wen ein Mehrfamilienhaus erschwinglich und das Investment sinnvoll ist, gibt es nicht, zumal die Preise bei dieser Objektart stark variieren. Es gilt daher immer, eine Einzelfallprüfung vorzunehmen. Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass ein Investment in ein Mehrfamilienhaus gleichwohl
- für mehr Kunden, als man vermutet, realisierbar ist und
- bei langfristiger Betrachtung häufig eine interessante Rendite erwirtschaftet.
Auch für Mehrfamilienhäuser gilt zugleich jedoch immer Folgendes: Auf die Lage kommt es an.